AStation 4 • Feministische Organisationskultur

Was kann feministische Führungskultur im öffentlichen Dienst bedeuten?

Die Struktur der öffentlichen Verwaltung ist durch eine Reihe von Standardmerkmalen gekennzeichnet, die sie zu einem besonders stabilen, aber auch starren Organ machen:

  • Klare Hierarchie: Zuständigkeiten und Entscheidungsprozesse sind strikt festgelegt.
  • Rational-legaler Autoritätstypus: Die Entscheidungsbefugnis basiert auf festgelegten, nachvollziehbaren Regeln und nicht auf persönlicher Willkür.
  • Festgelegte Regeln und Verfahren: Standardisierte Abläufe und Vorschriften bestimmen den administrativen Alltag.
  • Dokumentationspflicht: Alle Prozesse werden schriftlich festgehalten, was Transparenz, aber auch Bürokratie schafft.
  • Effizienz und Berechenbarkeit: Bürokratische Strukturen sorgen für planbare und organisierte Prozesse.

Diese Merkmale, insbesondere die strikte Formalisierung und Bürokratisierung, wurden durch den Soziologen Max Weber geprägt, der die Bürokratie als das effizienteste Organisationsmodell betrachtete, um staatliches Handeln zu gewährleisten. Gleichzeitig warnte Weber jedoch vor den Risiken der Entmenschlichung durch zu viel Formalismus und starre Regeln.

Feministische Führungskultur kann auch im öffentlichen Dienst einen wichtigen Beitrag leisten, um Machtverhältnisse zu hinterfragen und Ungleichheiten abzubauen.

Im öffentlichen Sektor, der eine zentrale Rolle für das Funktionieren des Staates spielt, ist eine gerechte, inklusive und demokratische Arbeitsweise von besonderer Bedeutung. Verwaltung ist mehr als ein bloßer technokratischer Prozess; sie prägt das gesellschaftliche Zusammenleben und hat somit direkten Einfluss auf die Lebensrealität der Bürger*innen. Die Integration feministischer Prinzipien kann dazu beitragen, den öffentlichen Dienst als Vorbild für eine gerechtere, gleichberechtigtere Gesellschaft zu gestalten.

Vorteile der Verwaltung für feministische Führungskultur

Der öffentliche Dienst bietet sowohl Potenziale als auch Herausforderungen für die Integration feministischer und gleichstellungspolitischer Werte. Einerseits bieten die klaren Strukturen und die Effizienz der Verwaltung eine Grundlage für die Einführung von feministischer Führungskultur. Die Verwaltung bietet einige Vorteile, die eine Einführung feministischer Führungskultur begünstigen können:

Transparente Strukturen

Die klare Hierarchie und standardisierte Verfahren schaffen eine Grundlage für

Diskussionen über Veränderung und strukturelle Anpassungen. Diese Transparenz ermöglicht es, bestehende Machtverhältnisse und Ungleichheiten gezielt zu adressieren.

Verbindliche Prozesse

Die festen Regeln und Verfahren bieten einen Rahmen, innerhalb dessen

feministische und frauenpolitische Prinzipien, wie etwa Gleichstellung und Diversität, strukturiert und nachhaltig implementiert werden können.

Effizienz als Grundlage für Veränderungen

Die Effizienz, die Weber der Bürokratie zuschreibt, könnte genutzt werden, um

Veränderungen schneller und systematisch in die bestehenden Strukturen zu integrieren. Feministische Führungskultur könnte beispielsweise eine stärkere Beteiligung aller Beschäftigten und eine gerechtere Ressourcenzuweisung (bspw. durch Gender Budgeting) fördern.

Bereits bestehende Rahmenbedingungen und Strukturen zur Förderung von Gleichstellung

Das Bundesgleichstellungs-Gesetz (BGleiG) legt fest, dass in Dienststellen mit

mindestens 100 Beschäftigten eine Gleichstellungsbeauftragte aus dem Kreis der weiblichen Beschäftigten zu wählen ist. Die Aufgaben dieser Beauftragten umfassen unter anderem die Förderung der Gleichstellung, die Mitwirkung bei Personalmaßnahmen und die Beratung von Beschäftigten in Fragen der beruflichen Entwicklung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch in den meisten Landes- und Kommunalverwaltungen gibt es ähnliche Regelungen. Jedes Bundesland hat eigene Gesetze oder Regelungen zur Gleichstellung, die ebenfalls die Einrichtung von Gleichstellungsbeauftragten vorschreiben. Diese müssen in der Regel in allen öffentlichen Einrichtungen des jeweiligen Landes sowie in vielen Kommunen tätig sein. Die Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten umfassen in der Regel:

  • Beratung der Verwaltung bei der Umsetzung von Gleichstellungsmaßnahmen
  • Unterstützung bei der Integration von Gleichstellungsaspekten in Personalentscheidungen
  • Überwachung der Umsetzung von Gleichstellungsgesetzen und Richtlinien
  • Förderung einer geschlechtergerechten und diskriminierungsfreien Arbeitsumgebung

Feministische Führungskultur kann an diese Rahmenbedingungen anknüpfen.

Nachteile der Verwaltung für feministische Führungskultur

Andererseits erfordert die Veränderung bestehender Machtverhältnisse und die Förderung feministischer Werte eine Überwindung starrer Hierarchien und rigider Verfahren. Daher bringt die Bürokratie auch Herausforderungen für die Umsetzung einer feministischen Führungskultur mit sich:

Feste Hierarchien

Die starren Hierarchien und vordefinierten Zuständigkeiten in

der Verwaltung können die Flexibilität einschränken, die für innovative Führungsansätze erforderlich ist. Feministische Führung betont flachere Hierarchien und eine partizipative, kollegiale Entscheidungsfindung, die durch die bestehenden Strukturen behindert wird.

Begrenzte Flexibilität

Die rigide festgelegten Tarifsysteme und Arbeitsprozesse lassen wenig

Raum für flexiblere Arbeitsmodelle, die eine feministische Führungskultur erfordern könnte.

Mangelnde Diversität

In vielen öffentlichen Verwaltungen spiegelt sich Diversität bisher nur

unzureichend wider. Trotz einer zunehmenden Diskussion über Gleichstellung und interkulturelle Öffnung sind viele Verwaltungsstrukturen nach wie vor von einer homogenen, oft männlich dominierten Führungskultur geprägt.

Formalisierung

Die starke Betonung auf formalisierte Prozesse und Dokumentation kann

zu einer Entfremdung der Mitarbeitenden führen, was die Förderung einer feministischen Kultur der Fürsorge und Empathie erschwert.

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Multiple-Choice-FrageWelche Faktoren erleichtern die Umsetzung feministischer Führung im öffentlichen Dienst?
  • Hierarchische Entscheidungswege und starre Strukturen
  • Transparenz und standardisierte Prozesse
  • Gesetzlich geregelte Ausschreibungsverfahren
WissensfrageWelche Vorteile bieten bürokratische Strukturen für die Integration feministischer Werte in eine Organisation?
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