AStation 1 • Grundlagen

Woher kommt feministische Führungskultur?

Feministische Führungskultur zielt darauf ab, Hierarchien in Organisationen zu hinterfragen und eine Führungspraxis zu entwickeln, welche die aktive Förderung der Gleichstellung der Geschlechter zum Ziel hat.
Das Konzept einer feministischen Führungskultur entwickelte sich maßgeblich während der 1970er und 1980er Jahre im globalen Süden. Besonders in feminis­tischen Bewegungen und Organisationen wurde sehr früh die Notwendigkeit erkannt, Führungsrollen neu zu definieren und transformative strukturelle Veränderungen zu bewirken. Feministische Theoretiker*innen, allen voran Srilatha Batliwala, spielten eine zentrale Rolle bei der Formulierung dieses Ansatzes. Batliwala argumentiert, dass feministische Führung nicht nur bedeutet, Frauen in Führungspositionen zu bringen, sondern auch, diese Rollen/Funktionen dann auf eine Weise auszuüben, die herkömmliche Strukturen herausfordert und soziale Gerechtigkeit fördert. Sie betont die Notwendigkeit, in Organisationen Macht zu teilen, inklusive Entscheidungsprozesse zu etablieren und die Stimmen unterrepräsentierter Gruppen zu stärken.
Auch die bundesdeutsche Geschlechter­soziologie beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den Fragen von Geschlechter­gerechtigkeit auf der Ebene von Institutionen und Organisationen. Prof. Dr. Birgitt Riegraf betont, dass die Organisationssoziologie und Geschlechterforschung lange die Verbindung zwischen Geschlecht und Organisation beleuchtet haben.

„Heute erleben wir folgende Situation: Der Frauenanteil in Führungspositionen wächst. Dabei stellt sich die Frage, welche Ziele über den bloßen Anstieg hinaus verfolgt werden sollten. Es geht nicht nur darum, mehr Frauen in Führungsrollen zu bringen, sondern auch darum, Führungsstile und -kulturen zu wandeln. Gleichzeitig sehen wir, dass viele Frauen, die Führungspositionen erreichen, auf eine Organisationskultur stoßen, die sie zum Rückzug bewegt.“

Prof. Dr. Birgitt RiegrafProfessorin und Präsidentin Universität Paderborn

Riegraf vergleicht diese Erfahrungen von Frauen in Führungs­positionen mit dem Drehtüreffekt. Der Drehtüreffekt bezeichnet in der geschlecht­erforschenden Arbeitsmarkt­soziologie die kurze Verweilzeit von Frauen in untypischen Berufen, also Berufen, die traditionell eher von Männern dominiert werden. Frauen wechseln darüber hinaus häufig zwischen verschiedenen Positionen oder kehren nach kurzer Zeit in ihre ursprünglichen, häufig als „weiblich“ wahrgenommenen Berufe oder Positionen zurück. Sie stellt fest, dass die Führungsebenen – neben allen strukturellen Diskriminierungen – weiterhin stark von Männlichkeits­bildern geprägt sind, die Dominanz, Kontrolle und Durchsetzungsfähigkeit betonen. Weiblichkeits­konzepte passen nicht zu diesen Vorstellungen, was Frauen das Gefühl gäbe, nicht willkommen zu sein.
Um diese Effekte abzumildern, braucht es Konzepte, wie z.B. eine feministische Führungskultur. Die Geschlecht­erforschung hat in den letzten Jahrzehnten zu diesem Themenkomplex gearbeitet. Feministische Führungskultur wird als ein praktischer Ansatz eingeordnet, der aus feministischen Bewegungen und der Notwendigkeit hervorging, bestehende Machtstrukturen zu hinterfragen und zu verändern.

Neugierig, wie viel Sie schon gelernt haben?
Wissens-Check machen

Quellen

Testen Sie Ihr Wissen!

AStation 1 • Grundlagen
Multiple-Choice-FrageWas ist ein zentrales Ziel feministischer Führungskultur laut Srilatha Batliwala?
  • Steigerung der Organisationsgewinne
  • Herausfordern herkömmlicher Strukturen und Förderung sozialer Gerechtigkeit
  • Erhöhung der individuellen Leistungsfähigkeit
WissensfrageWie unterscheidet sich feministische Führungskultur von herkömmlichen Führungsmodellen?
Download Workbook (PDF)PDF | 235 KB