Das Optionszeitenlabor – ein Kooperationsprojekt

Von 2023 bis 2025 führt die Bundesstiftung Gleichstellung gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik (DGfZP) sogenannte Optionszeitenlabore durch. In diesen ein- bis zweitägigen Workshops befassen sich ausgewählte Expert*innen aus Wissenschaft, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft vertieft mit offenen Fragen zum Optionszeitenmodell und dessen gleichstellungspolitischen Potenzialen und Herausforderungen.

Das Optionszeitenmodell ist ein zeitpolitischer Reformvorschlag. Es wurde von Dr. Karin Jurczyk und Prof. Ulrich Mückenberger von der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik entwickelt und zielt darauf ab, gesellschaftlich relevante Tätigkeiten rechtlich und monetär abgesichert in den Erwerbsverlauf zu integrieren. Alle Menschen sollen demnach ein Zeitbudget von circa neun Jahren im gesamten im Lebensverlauf erhalten, um ihre Erwerbsarbeit zugunsten anderer gesellschaftlich relevanter Tätigkeiten zu unterbrechen oder zu reduzieren. (Jurczyk/Mückenberger 2020). Das Modell sieht eine Zweckbindung vor: Sechs Jahre können auf Sorgearbeit (Kinderbetreuung, Pflege und Ehrenamt) verwendet werden, zwei Jahre auf Weiterbildung und ein Jahr auf Selbstsorge. Dadurch will das Modell einen Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik einläuten: Die männlich konnotierte Norm des dreigeteilten Lebenslaufs in eine Bildungs-, Berufs- und Rentenphase ohne jegliche Erwerbsunterbrechungen soll ersetzt werden durch eine bedarfsorientierte und selbstbestimmte, atmende Gestaltung von Lebensläufen, in der Unterbrechungen oder Reduzierungen der Erwerbsarbeit regelmäßig möglich sind. Eine geschlechtergerechtere Verteilung von Erwerbs- und privater Sorgearbeit soll somit ermöglicht werden. (Jurczyk/Mückenberger 2020)

Zentrale Bausteine des Konzepts wurden im Rahmen eines interdisziplinären vom Bundesministerium für Arbeit geförderten Forschungsprojekts ausgearbeitet (ebd.) und vielfach präsentiert und mit relevanten Stakeholdern diskutiert. 2022 wurden die offen gebliebenen Fragen im Rahmen einer vom Deutschen Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS) finanzierten Studie systematisiert.

Hier setzt das Projekt der Bundesstiftung Gleichstellung und der DGfZP an. Gemeinsam mit ausgewählten zeitpolitischen Expert*innen diskutieren und beraten die Bundesstiftung und die DGfZP in ein- bis zwei-tägigen Workshops über offene konzeptionelle und anwendungspraktische Fragen des Modells. Dabei wird an die Forderungen des Zweiten Gleichstellungsberichts (Bundesregierung 2017) angeknüpft.

Der Auftakt fand am 12. und 13. Oktober 2023 in Berlin statt. Hier wurden die gleichstellungspolitischen Dimensionen des Modells als Grundlage und Querschnittsthema für die darauffolgenden Workshops aufgefächert. Dr. Petra Follmar-Otto, Leitung der Abteilung Gleichstellung im BMFSFJ, eröffnete das Labor mit einem Impulsvortrag zur Bedeutung von Zeitpolitik für Gleichstellungspolitik. Das zweite Optionszeitenlabor fand am 24. und 25. April 2024 in den Räumlichkeiten der Bundesstiftung Gleichstellung in Berlin statt und vertiefte das Thema der betrieblichen Umsetzung. Hier diskutierte der feste Teilnehmendenkreis des ersten Labors mit Vertreter*innen ausgewählter Unternehmen (u.a. Vaude, GLS Bank und Schneider Bau), sowie Vertreter*innen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden über die Möglichkeiten und Grenzen für eine Umsetzung atmender Lebensläufe auf betrieblicher Ebene. Mit Prof. Dr. Heide Pfarr diskutierten die Teilnehmenden darüber, wie das Optionszeitenmodell und das Wahlarbeitszeitgesetz zusammen gedacht werden können.

Literaturverzeichnis

Bundesregierung (2017): Zweiter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. BT-Drucksache 18/12840, Berlin (Abruf: 20.03.2023).

Jurczyk, Karin/Mückenberger, Ulrich (Hg.) (2020): Abschlussbericht: “Selbstbestimmte Optionszeiten im Erwerbsverlauf”. Forschungsprojekt im Rahmen des “Fördernetzwerks Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung” (FIS), März 2020, München,  (Abruf: 20.03.2023).